Sonntag, 31. Mai 2009

Eine spannende Überfahrt

Der Fährmann machte ein missmutiges Gesicht, sicher wieder so ein Typ dem sein Job egal war und der nur für Geld die Leute über's Wasser brachte. Also nur den Preis fixieren, rein, raus, und schnell weiter.

Der Reisende hatte einen misstrauischen Blick, sicher wieder einer von denen die hinter jedem Busch einen Räuber erwarten, in jedem Gasthaus Diebe, und auf jeder Überfahrt eine Erpressung. Nur ja nicht zu nahe kommen, nicht dass er noch ein Messer auspackt.

Der Fährmann fragte nur kurz, zur Anlegestelle am anderen Ufer deutend, "Überfahrt?", und nannte einen Preis. Bei so wortkargen Leuten konnte man nie wissen ob die überhaupt die Sprache konnten oder doch nur eine Handvoll Wörter gelernt hatten und ansonsten ihre Herkunft verschweigen wollten.

Der Reisende lies nur ein verhaltenes Ja hören und stieg in's Boot. Na wenigstens war kein oberflächliches Gerede über's Wetter zu erwarten, das war sonst sowieso immer nur eine Enttäuschung weil die Leute so garnichts zu sagen hatten.

Der Fährmann stellte das Ruder ein und begann an der Leine zu ziehen, mit welcher er das Boot über den Fluss brachte. Das Boot schwankte, dieser Typ war offenbar entweder unfähig in seinem Job oder betrunken. Das Boot war wenigstens fix an einem Seil befestigt, wenn der Fährmann hinausfallen sollte, hätte man noch die Chance, sich selber über den Fluss zu bringen.

Der Reisende hielt sich an den Seiten des Bootes fest. Einer der Angsthasen. Na hoffentlich würde er nicht beginnen, die rythmischen Schwankungen zu verstärken, sonst würde das Boot schlimmstenfalls kippen, und es gäbe wieder Probleme mit der Lizenzaufsicht.

Der Fährmann zog das Boot in weiten Zügen über's Wasser, offenbar ohne sich darum zu kümmern dass dabei manchmal Wasser in's Boot schwappte. Wahrscheinlich auch sonst einer der sich so sehr um das Wohl seiner Gäste kümmert wie ein Blutsauger um das Wohl seiner Opfer.

Der Reisende stieg rasch aus dem Boot und verschwand. Nur gut dass die Bezahlung schon beim Einsteigen üblich war, sonst müsste man bei solchen Leuten von vornherein die Überfahrt ablehnen, denn bezahlen würde so einer sicher nicht, wenn es einen Weg gäbe dem zu entkommen.

Musiktipp: Kosheen - Not Enough Love

Freitag, 29. Mai 2009

Der geteilte Reichtum

Die Menschen lebten schon länger in einer Gemeinschaft, von den Erträgen der Jagt und des Sammelns, und sie waren es gewohnt dass jeden Abend die Erträge des Tages am Lagerplatz ausgebreitet wurdden, und dann genoss man gemeinsam die Reichtümer des Landes.

Mit dem zunehmenden Erfolg jener, welche sich damit beschäftigten die Fruchtpflanzen selbst anzubauen und zu hegen, änderte sich aber das Muster. Jene, welche über lange Zeit viel Arbeit damit verbracht hatten ihre Böden zu beackern und ihre Pflanzen zu schützen, und die so auch mehr Erträge zusammen brachten, diese also begannen die Erträge als die ihrigen anzusehen. Und so teilten sie diese nicht mehr mit den anderen sondern behielten sie in ihrem Eigentum. Sie tauschen sie aber ein, gegen Erträge der Jagt und andere, für die sie selbst keine Zeit mehr hatten. Und umgekehrt begannen auch die anderen, ihre Erträge nicht mehr mit allen zu teilen, da sie ja auch tauschen mussten.

Und so kam es, dass sie nicht mehr gemeinsam ihren Reichtum genossen, sondern jeder für sich danach trachtete, möglichst viel zusammen zu bekommen, um alles eintauschen zu können was man brauchte. Das fürhte dazu, dass die Menschen viel mehr zu arbeiten begannen, und sie alle viel reicher wurden - aber sie fühlten sich viel ärmer als früher, es gab nie die Gelegenheit, den gemeinsamen Reichtum zu geniessen, nie das Gefühl dass sie im Überfluss lebten, sondern im Gegenteil waren sie von der Sorge getrieben, auch genug zum tauschen zusammen zu bekommen. Und jene, welche die besonders begehrten Güter hatten, etwa jene an den Quellen, begannen zu erkennen dass sie mit den anderen spielen konnten. Taten sie so, als ob das Wasser dieses Jahr etwas weniger wäre, begannen einzelne, ihnen im Tausch mehr anzubieten, um an mehr Wasser zu kommen. Und so wurden diese Leute sehr reich - mussten aber ihren Reichtum verstecken, um nicht den Neid zu schüren und ihr Spiel nicht auffliegen zu lassen.

Die Menschen wurden langsam ärmer. Manche konnten nicht mehr genug zum Eintauschen zusammen bekommen und begannen zu betteln statt zu arbeiten. Andere liessen Wächter für sich arbeiten, um ihren Reichtum zu bewahren. Der vermehrte sich aber nicht mehr so wie früher, denn die Wachen und Mauern, die sie errichten liessen kosteten sie viel von dem Reichtum, und gleichzeitig hatten die Menschen immer weniger im Überfluss, das sie hätten tauschen können. Und so begannen die Reichen, jene die verarmt waren für sich arbeiten zu lassen, wiesen ihnen Arbeiten auf ihren Besitztümern zu, die mittlerweile viel zu gross geworden waren als dass sie diese selber hätten bewirtschaften können. Und zum Ausgleich für diese Arbeit gaben die Reichen den für sie arbeitenden Lohn. Möglichst wenig gaben sie, um ihren Reichtum aufrecht zu halten, gerade genug dass ihre Arbeiter gut arbeiten konnten. Und die Arbeiter im Gegenzug arbeiteten gerade genug, dass sie dafür den zugesagten Lohn bekamen, sodass auch ihre Freunde noch einen Arbeitsplatz bekommen konnten.

Lesetipp: Eric S. Raymond - Die Kathedrale und der Basar

Samstag, 23. Mai 2009

Wenn Konservative Gas geben

... dann fordern sie mehr Leistung - aber die Energie dazu soll aus dem Nichts kommen. Dann erhöhen sie die Ziele, und das Mittel um sie zu erreichen ist zu sparen.

Aber in Wirklichkeit können Konservative nur nehmen was kommt, um damit möglichst effizient etwas anzufangen. Die Effizienzsteigerung liegt an ihnen. Der kreative Umgang mit begrenzten Ressourcen führt nicht zur Explosion, sondern zur Implosion.

Und es ist gut, denn so wird neue Energie freigesetzt, die es dann zu nutzen gilt. Aber anders als gewohnt, denn die Gewohnheit hat man effizient rationalisiert. Neue Ziele zu finden ist die Herausforderung der anderen.

Lesetipp: Gunnar Heinsohn - Die nächste Blase schwillt schon an

Sonntag, 17. Mai 2009

Der heilige Stuhl

Konrad kam das erste Mal in den Club, er war von seinem Mentor eingeladen worden. Der Clubraum war groß, mit dunklem Holzboden, Ledersessel, die grossen Fenster boten eine weite Aussicht. So sah also ein Ort der reichen Leute aus.

Etwas schüchtern fragte Konrad bei einem Kellner nach seiner Verabredung, und der Kellner wies ihn zu einem Tisch. Sein Mentor war noch nicht da. Konrad nahm Platz, und wollte sich gleich den Stuhl zurecht rücken damit er eine bessere Übersicht hatte. Doch der Kellner stoppte ihn. Der Stuhl ist heilig und darf nicht bewegt werden! Konrad entschuldigte sich, und schämte sich dafür dass er die Gepflogenheiten dieser Leute nicht kannte.

Später, sein Mentor hatte gerade Platz genommen, bemerkte Konrad dass dieser seinen Stuhl sehr wohl zurecht rückte. Er sah zum Kellner, dieser wartete bis sich der Gast gesetzt hatte und musste auch den verschobenen Stuhl bemerken - aber der Kellner reagierte nicht. Als der Kellner wieder weg war, fragte Konrad seinen Mentor: wie geht das, sind diese Stühle nicht heilig? Der Mentor sah ihn an, musste kurz nachdenken, erinnerte sich an seine Zeit der Initiation, und lachte dann auf. Natürlich sind diese Stühle nicht heilig. Du bist noch unwürdig! Aber das sagt man den Unwürdigen natürlich nicht, sonst würden sie nicht gehorchen wollen.


Tipp: Benedikt XVI. - Grußworte an die Religionsführer Galiläas, 14. Mai 2009

Samstag, 16. Mai 2009

Die Erfindung der Zahlen

Es war zur Zeit der Großfamilien und der Viehherden, als man eine Gruppe von Menschen oder von Vieh sah und erkannte wie viele sie waren. Eins, zwei, drei, vier... Man zählte aber nicht eins nach dem anderen, man sah und erkannte. Das ist aber schon lange her und heute können die wenigsten Menschen noch mehr als eine Hand voll Menschen oder Dinge in ihrer Anzahl erkennen ohne sie abzuzählen. Man ist ungeübt.

Schuld daran sind, wie sollte es anders sein, jene die nicht sehen und erkennen können - weil sie nicht in der Nähe sind. Die Könige die in ihrem Hof verweilen, bzw. deren Buchhalter die ihre Besitztümer verwalten und Steuern erheben. Diese gehen hinaus um die Lage zu erheben und berichten dann dem König. Und damit dies andere auch kontrollieren können - wer kann schon jemand vertrauen der von etwas spricht das keiner je gesehen hat? - und so hat man die Berichte aufgeschrieben, in einer Sprache die so kurz ist dass es schnell geht, und die alle Fachleute verstehen können.

So kam man auf die Zahlen, und die Rechenoperationen. Eins dazu, noch eins, usw. Oder, z.B. eine Menge an Korn in zwei gleich grosse Mengen teilen, oder in drei gleich grosse, usw. Dies hat man auch aufgeschrieben, so wurde die Addition und die Division erfunden. Aber dies taten schon nicht mehr die Buchhalter, sondern besonders talentierte Menschen, die mit dem Schreibaufwand unzufrieden waren und diese Tätigkeit erleichtern wollten. Mathematiker nannten sie sich, sie entwickelten für die Buchhalter Werkzeuge und Methoden um ihnen die Arbeit zu erleichtern.

Zu ihren Erfindungen gehörten die Zahlen und auch die Formen - diese brauchte man, um die Form von Feldern auf einfache Weise mitteilen zu können, und sie erfanden auch Mittel und Wege, um aus den Angaben auf eine zu erwartende Erntemenge schliessen zu können - dies war von den Königen gewünscht, weil es immer wieder vor kam dass man sie um Abgaben betrog, und mit diesen Mitteln, wie Flächeninhalt, konnten die Mathematiker nur aus den Angaben der Buchhalter und Steuereintreiber berechnen wie viele Abgaben zu erwarten wären. Später wurde das auch benutzt um zu berechnen wie gross neue Felder angelegt werden mussten, um genug Nahrung für die Armee zu bekommen, usw. Die Mathematiker waren sehr angesehen.

Und so war es ihnen möglich, immer neue Werkzeuge und Methoden zu entwickeln, auch sonderbare Dinge die oft niemand gebrauchen konnte ausser sie selbst. So erfanden sie z.B. Unendlichkeit, oder die irrationalen und transzendenten Zahlen, die sich aus spielerischen Kombinationen von Zahlen und geometrischen Formen ergaben. Mit der Zeit vergas man sogar, dass es sich um freie Erfindungen handelte und meinte, dass es natürliche Bestandteile der Welt seien, dass die Welt den Zahlen gemäß aufgebaut sei (und nicht umgekehrt).

Dies kam auch dadurch zustande, dass man Felder so anlegte dass man sie leicht vermessen konnte, und Häuser so baute dass man sie leicht mit Hilfe der geometrischen Formen planen konnte, usw. So wurde die Umwelt der Mathematiker den Erfindungen der Mathematiker immer ähnlicher, die Mathematiker zu Gestaltern der Welt - ohne dass sie das beabsichtigt hatten oder ohne dass sie ihre Erfindungen darauf hin geprüft hätten, ob sie dafür tauglich wären. So etwas kann natürlich auf Dauer nicht gut gehen, aber das ist eine andere Geschichte.

Musiktipp: Oscar Peterson & Count Basie - Slow Blues

Freitag, 15. Mai 2009

Hobby-Gott

Stellen Sie sich vor, Sie sind Hobby-Gott und betreiben in Ihrem Keller ein Universum. Eines Abends als Sie den Statusreport überprüfen, bemerken Sie dass auf einem einzelnen Planeten irgendwo Menschen beginnen sich des Universums bewusst zu werden.

Was tun Sie?

a) Sie laufen hoch zu Ihrer Mutter und berichten Ihr aufgeregt von dem Geschehnis.

b) Sie durcken sich den relevanten Teil des Reports aus, damit Sie beim Stammtisch vor Ihren Kollegen etwas anzugeben haben.

c) Sie wechseln in den Cheat-Mode und initiieren in unauffälliger Entfernung eine Supernova, um den Menschen auf die Sprünge zu helfen.


Musiktipp: Limp Bizkit - Red Light Green Light

Formale Fantasie

Es ist eine schon altbewährte Konvention der Mathematiker und Techniker, 3 Dimensionen zu verwenden um Dinge im Raum zu beschreiben. 3 Dimensionen deshalb, weil es einfach möglich ist, mit 3 Messungen eine Bestimmte Position im Raum anzugeben. Und für Bewegungssequenzen nimmt man noch eine 4. Dimension dazu, die Zeit, mit der man bemessen kann zu welchem Zeitpunkt im Ablauf etwas wo statt findet.

In den Diskussionszirkeln der Theoretiker des 20. Jhdts geschah etwas bemerkenswert seltsames. Es war üblich, aufgrund der Struktur der Messdaten zu sagen dass der Raum 3-Dimensional wäre, und das Universum 4-Dimensional. Uns ist heute klar, dass das nur eine andere Ausdrucksweise dafür ist dass man mit 3 bzw. 4 Messungen einzelne Punkte im Raum identifizieren kann. Wie wir heute auch wissen, ist dies aber nur eine Vereinfachung und funktioniert nur unter gewissen Rahmenbedingungen, denn die Erde ist keine Ebene sondern in etwa eine Kugel, selbst im Weltall gibt es aufgrund der Gravitation Schwierigkeiten mit der Messung, und über sehr grosse Distanzen bzw. Zeiträume wird es schwierig die zur Messung verwendeten Referenzobjekte bzw. die ermittelten Messwerte zu harmonisieren.

Aber damals war all dies noch nicht so klar, und so glaubte man also einfach, dass der Raum 3-Dimensional war, und rechnete mit den entsprechenden Formeln. Erst die Beschäftigung mit der Astrophysik brachte Probleme auf, die Gesetze der Bewegung und Anziehung schienen nicht zu passen - und so kam es dass die Idee des gekrümmten Raumes bzw. der gekrümmten Raumzeit allegemein akzeptiert wurde, weil man meinte so die vermeintlichen Eigenschaften des Raumes bzw. des sich bewegenden Universume besser beschreiben und erklären zu können. Für uns heute lebende Menschen ist es oft unvorstellbar wie man auch solche wirren Ideen kommen konnte, und auch damals konnten sich die meissten Menschen garnicht vorstellen was das eigentlich bedeuten sollte. Aber nach dem bekannten Muster "das können wir uns mit unserer beschränkten Vorstellungskraft nicht mehr vorstellen, weil es über unsere Alltagserfahrungen hinaus geht" wurden solche Zweifel einfach durch Darstellung als Dummheit abgestraft.

Inzwischen wurde in einem Experiment überprüft, ob sich auch heutige Menschen so verhalten würden, und sie taten es. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass sie nicht mit dem aktuellen Wissen vertraut sind sondern ihnen das damalige Wissen vermittelt wird, so dass sie vor denselben Problemen stehen - und in einer solchen Situation wurde konsistent die scheinbare Lösung als tatsächliche Lösung akzeptiert. Man nimmt an, dass es sich um einen Effekt dessen handelt, dass die Physiker der damaligen Zeit vergessen hatten, dass die Dimensionen des Raumes nur eine Konvention zur Organisation von Vermessungen waren, und sie statt dessen in einer mythischen Verwirrung den Raum selbst - was auch immer sie sich darunter vorgestellt hatten - als 3-Dimensional angesehen hatten, und von da weg wären ihre Schlussfolgerungen durchaus logisch. Eine experimentelle Überprüfung dieser Annahme steht allerdings noch aus.

Zum Nachlesen: Wikipedia - 4. Dimension

Mittwoch, 6. Mai 2009

Für Niemand

Die Liefara waren bekannt für ihr Leistungsstreben. Es war ihr Ehrgeiz und ihr Stolz, Dinge herzustellen die andere gut gebrauchen konnten, und sie hatten ihre Lebensweise ganz darauf eingestellt, von der Schule bis zum Alter. Bei den umliegenden Völkern waren sie hoch angesehen ob ihrer Leistungen, wiewohl oft auch etwas beneidet um die von ihnen im Laufe der Zeit angehäuften Reichtümer.

Und so kam es, dass immer mehr der anderen auch wie die Liefara werden wollten. Ihre Lebensweise wurde kopiert, anfangs zwar belächelt, aber als dann die anderen ebenso Erfolge einfahren konnten, wurde auch den Liefaran bange um ihren Status, und es entbrannte ein harter Wettbewerb darum, wer denn die meissten Dinge am besten und effizientesten herstellen konnte.

Das führte dazu dass die Dinge immer mehr und billiger wurden, immer mehr Menschen konnten sich leisten, was bislang für sie unerschwinglich gewesen war. Es begannen sich allerdings auch vermehrt Mängel einzuschleichen, der harte Wettbewerb forderte seinen Preis. Und die Produzenten bekamen zunehmend das Problem dass sie nicht mehr wussten was sie noch herstellen sollten, um neue Erfolge erringen zu können. Die Suche nach neuen Märkten führte zu immer seltsameren Auswüchsen, Dinge die zwar keiner brauchte, die man aber als modern beworb und die man haben musste, zumindest sagte das die Werbung im verzweifelten Versuch, so die Verkäufe hochzutreiben.

So wurde der Wettbewerb immer härter, die Menschen arbeiteten immer mehr, steigerten sich so in die Leistungssteigerung hinein, dass sie an nichts anderes mehr dachten. Wenn man sie fragte, wofür sie das tun, antworteten sie, "um im Wettbewerb bestehen zu können", oder, "um an die Spitze zu kommen", oder - jene die das geschafft hatten - "um an der Spitze zu bleiben". Auf die Frage, welche Bedürfnisse sie denn hätten im Leben, reagierten sie aber verwirrt. Welche Bedürfnisse? Für das Nötige zum Leben war doch gesorgt, so dass man für die Arbeit gerüstet war. Was soll es sonst noch für Bedürfnisse geben? Es musste schon lange keiner mehr Verhungern, darauf war man stolz. Aber wenn doch aller Leute Bedürfnisse gestillt sind - für wen arbeitet man dann? Aber bis diese Frage an die Reihe gekommen wäre, waren alle befragten Menschen schon wieder dahin, auf dem Weg um mehr liefern zu können.

Musiktipp: Geier Sturzflug - Bruttosozialprodukt

Dienstag, 5. Mai 2009

Die Zweite Runde

Es war schon Nacht, aber Adam konnte nicht schlafen. Seine Unruhe trieb ihn hinaus in den Wald. Schon lange war er nicht mher hier gewesen, und er war whol auch der einzige Verrückte, der sich um diese Zeit im Wald herumtrieb. Tagsüber war der Wald einfach nur ein Ort an dem Bäume wachsen, aber jetzt, in der Nacht, konnte man noch etwas von der Ohnmacht spüren, welche die Menschen einst vor der Natur hatten. Wer heutzutage gemütlich im Wohnzimmersessel lehnend von alten Märchen liest, oder in der Bibel soche Zeilen wie "Macht euch die Erde untertan", der kann sich kaum noch vorstellen welche Herausforderung dies damals für die Menschen gewesen sein muss.

Heutzutage ist diese Aufgabe weitgehend erfüllt, es gibt kaum noch Bereiche wo Menschen gegen die Übermacht der Natur zu kämpfen hätten. Im Gegenteil, im Stadtleben kommt man kaum noch mit natürlichen Umwelten in Berührung, so gut wie alles ist von den Menschen selbst kontrolliert. Die Kultur definiert jetzt die Umwelt der meissten Menschen - und das nicht immer zu ihrem Vorteil, wie die zunehmenden Zivilisationskrankheiten und der fortschreitende Verlust natürlicher Ressourcen zeigen, ganz abgesehen von Kriegen, Folter, etc. im Namen der Kultur.

Zeit für neue Instruktionen: Macht euch die Kultur untertan. Werdet Herr eurer Geschöpfe, eignet euch Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Medizin, Technik, Kunst uvm. an, damit sie euch gute Diener werden.

Lesetipp: Wikipedia - Kultur

Die Angst vor der Explosion

Hermann war eine kleines Sonnensystem in der Mitte der Galaxie. Er fiel in ein schwarzes Loch und konnte alles sehen. Und er wollte es nie mehr loslassen.

Musiktipp: Massive Attack - Future Proof

Montag, 4. Mai 2009

Die Einheit und ihr Ende

Die Menschen des Abendlandes kamen aus vielen Stämmen, jeder mit seiner uralten Tradition, seinen Anführern und seinem Stolz. Doch sie waren hierher gekommen, um es den alten Römern gleich zu tun. Deren Imperium war zwar zerfallen, aber sie hatten viele Dinge erreicht welche die neuen Einwanderer auch anstrebten. Grosse Städte mit allerlei Annehmlichkeiten, Strassen und Handelswege, und vieles mehr. Als einzelne Stämme war es ihnen gelungen, das Imperium so lange zu bedrängen bis es kollabiert war. Aber diese Dinge auch selbst zu erreichen, das hatten sie in der bisherigen Lebensweise als einzelne Stämme nicht gekonnt, und so streben sie nach Einheit.

Ein Vertreter der Einheit wurde über alle bisherigen Häuptlinge - jetzt Könige - gestellt, und von ihm mussten sich alle Könige absegnen lassen, um das Ziel der Einheit zu wahren. Die Menschen benutzten Kirchen als Räume der Gemeinschaft, zur feier der Einheit. Sie bauten sie sehr gross, schöner als die Burgen der Könige sogar. Durch die den Vertretern der Einheit verliehene Wertschätzung konnten diese auch zwischen rivalisierenden Königen vermitteln, um das Ziel der Einheit auch in Konflikten und Kriegen nicht zu verlieren. Und jene, die sich nicht dem grossen Ziel anschliessen wollten, wurden abschätzig Heiden genannt und so unter Druck gesetzt, sich ebenfalls anzuschliessen.

Bestärkt durch die Erfolge, wurde das Ziel er Einheit immer stärker ausgebaut. Tugenden und Gesetze wurden entwickelt um die Einheit herzustellen und abzusichern, die Gesellschaft organisierte sich ein einer Weise, so dass die Zugehörigkeit zur Einheit kenntlich wurde, in Ständen, mit Uniformen, mit einheitlichem Kalender und Feiertagen. Egal in welchem ehemaligen Stammesgebiet man sich aufhielt, es war viel leichter als früher aufgenommen zu werden und dort zu leben. Die Menschen begannen viel zu reisen und die Gemeinschaft zu geniessen. Und dank der etablierten Tugenden und Gesetze konnten sie dies auch, unbehindert von alten Traditionen und Animositäten, die dem früher im Weg gestanden hatten. So wurde die alte Stammeszugehörigkeit immer unbedeutender, nur in den Sprachen, Kochkünsten und anderen Spezialitäten der Länder bzw. der Regionen konnte man noch die Reste alter Wurzeln erkennen.

Doch im Laufe der Zeit begann das Ziel der Einheit wieder an Anziehungskraft zu verlieren. Die einheitlichen Tugenden, Stände, Feiertage usw., die einst so befreiend gewirkt hatten, wurden zunehmend als Einschränkung der einzelnen Handlungsfreiheit empfunden, die Einheit war nicht mehr Pflicht sondern Zwang. Die Vertreter der Einheit mussten zunehmend zu Mitteln der Abschreckung greifen, um das Ziel der Einheit weiter aufrecht zu halten, bedrohliche Visionen vom Zusammenbruch der Einheit wurden den Versprechungen der Einheit gegenübergestellt. Im Zusammenleben begann sich die Sitte der gegenseitigen Denunziation auszubreiten, Abweichler wurden beschimpft. Wohl hatte man immer schon neue Gesetze auch mit Hinrichtungen bestraft, um die Folgen von unsittlichen Handlungsweisen zur Schau zu stellen. Aber irgendwie hatte sich die Motivation verändert. Es war nicht mehr das Streben nach Freiheit, das die Handlungen motivierte, sondern die Angst vor dem Verlust der erreichten Einheit.

Die Dynamik begann langsam zu eskalieren, die Unzufriedenheit stieg. Die Vertreter der Einheit und auch die Könige wurden zu den Verteidigern der aus dem Ziel der Einheit entstandenen Ordnung. Rebellionen wurden unterdrückt, Aktionen gegen die Mehrheit der Menschen wurden immer häufiger, was diese nicht nur gegen die Könige aufbrachte, sondern auch gegen das Ziel der Einheit. So kam es dazu dass viele Menschen die Flucht in neu entdeckte Teile der Welt flüchteten, in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Und in der alten Welt wurden die Könige als Vertreter der Einheit gestürzt und durch von den Bevölkerungen bestimmte Vertreter ersetzt. Das alte Ideal der Einheit wurde zunehmend durch ein neues Ideal ersetzt, welches die Rechte nicht mehr am Ziel der Einheit anknüpfte sondern an der Handlungsfreiheit des Einzelnen, frei von den Zwängen eines nicht mehr existenten gemeinsamen Ziels der Einheit.

Lesetipp: Capitalism.org (->The Capitalism Tour)

Sonntag, 3. Mai 2009

Das Dritte

Wenn sich zwei streiten, freut sich das Dritte. Altes Naturgesetz.

Das gilt für Yin und Yang, wenn die sich nicht mehr lieben, kommt das Dritte und stellt die Beziehung auf den Kopf.

Dasselbe gilt auch für Angebot und Nachfrage. Wenn die nicht mehr zusammen kommen, freut das die Händler und Spekulanten.

Es gilt auch in der Physik, die potentielle und die kinetische Energie, auch dort vermittelt etwas zwischen den beiden. Daraus entsteht z.B. Licht (Photonen).

Auch in der menschlichen Gesellschaft gilt, wenn sich viele Nachbarn streiten, freut das die Rechtsanwälte und Richter. Es sei denn, die Richter streiten sich mit dem Staat, dann freuen sich statt den Richtern die Medien.

Das Dritte ist Fluch und Segen gleichzeitig, es nimmt dem einen, aber gibt dem anderen. Wie das auch Steuereintreiber, Robin Hood oder der hl. Nikolaus tun.

Die Abwesenheit des Dritten führt zur Finsternis (keine Photonen), Isolation (kein Handel), Erstarrung (die oben bleiben ewig oben, ohne Auffrischung und Ansporn; die unten bleiben ewig unten, ohne Perspektive und Trost).

Das Dritte ist der Wandel, gemessen in der Entwicklungszeit. Das Dritte ist das, was den zeitlosen (zeitsymmetrischen) Naturgesetzen eine Richtung verleiht. Die Asymmetrie der Zeit.

Das Dritte ist der heilige Geist, der zwischen Vater und Sohn vermittelt, zwischen Alt und Neu. Die Tradition, die das Feuer weiter gibt und die Asche zurücklässt. Oder aber umgekehrt.

Das Dritte ist auch die Theorie, die zwischen der Welt und der Bewusstheit vermittelt. Die Sprache, die zwischen den Menschen vermittelt. Die Kommunikation.

Gleich und Gleich braucht sich nichts zu sagen, dann ist dem Dritten langweilig. Anders und Anders kann sich nichts sagen, dann ist das Dritte überfordert. Babelfish.

Das Dritte hält die Welt am laufen. Also muss auch Geld ein Drittes sein. Weil man aber mit dem Geld handeln kann, kann man auch mit dem Dritten handeln. Das ist das Dritte zweiter Ordnung. Wer es hat, kann die Geschwindigkeit der Welt steuern.

Niedrige Zinsen oder hohe Zinsen, wenig oder viel Ungerechtigkeit, geringe oder starke soziale Spannung, Langeweile oder Unruhe, Strahlungsfreiheit oder Kernspaltung, Dunkelheit oder Kernfusion.

Das Glück ist ein Vogerl, manche singen auch im Käfig.

Musiktipp: Third Eye Blind - Jumper

Freitag, 1. Mai 2009

Anti-Wissenschaft

Mit der systematischen Wissenschaft war den Menschen ein grosser Durchbruch gelungen. Endlich konnte man sich von den alten heiligen Schriften lösen und hatte statt dessen ein Rahmenwerk das definierte wie man Wissen schafft, und die Produktion von tatsächlichem und aktuellem Wissen war Sache einzelner Forscher bzw. organisierter Forschungsunternehmen. Und so konnten viele Menschen frei forschen und das Wissen der Menschheit explodierte förmlich.

Mit der zunehmenden Bedeutung der Wissenschaft - man begann von der Wissensgesellschaft zu sprechen - begannen sich aber auch Probleme einzuschleichen. Auf der einen Seite gab es den Bedarf der Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, um das Wissen und die Anwendungen zusammenzubringen, sowie zunehmend auch, um Geld zu verdienen. Autonom sollte die Wissenschaft werden. Aber der Druck zu schnell verwertbaren Ergebnissen und zur Finanzierung der Arbeitsplätze der Forscher hat seinen Preis, leicht ist es möglich dem Auftraggeber gefällige Ergebnisse zu liefern, mit der Marke "Wissenschaftlich" und unter Einhaltung aller üblichen Richtlinien, die allerdings optimistisch ausgelegt waren und daher auch für ergebnisorientierte Forschung gebraucht werden konnten.

Auf der anderen Seite gab es offene Forschungsbereiche, die diesem Druck zwar nicht ausgeliefert waren weil sie staatliche Fördergelder bekamen, die aber dennoch im Wettbewerb um diese Gelder standen und so ebenfalls unter einem Ergebnisdruck standen, nämlich den, möglichst grosse Erwartungen zu wecken, möglichst grosse Fortschritte im Wissen von allem zu erzielen. Und so ergab sich ein Effekt, wie er auch in der Finanzwirtschaft beobachtet werden konnte, man stellte positive Erwartungen auf, solche welche die Wissenserweiterung förderten - die man aber nie überprüfte, weil sie auch nicht so gemancht waren dass man sie hätte überprüfen können. Und so war es möglich, dass über einige Zeit viele Menschen und viel Geld eingesetzt wurde, um über den Anfang des Universums und kleinste denkbare Teilchen zu spekulieren.

Als dann aber die Ergebnisse ausblieben, begann man skeptisch zu werden, Betrugsvorwürfe wurden laut, immerhin hatten die Menschen viel Geld in grosse und letztlich ergebnislose Experimente investiert, während man andere Bereiche vernachlässigt hatte, bei denen sich jetzt die negativen Folgen zeigten. Man begann zu untersuchen, wie die scheinbar so gute Wissenschaft mit ihren eingebauten Qualitätskontrollen so hatte versagen können. Dabei wurde klar, dass die üblichen Kontrollen des Peer-to-Peer-Reviewing, wo sich Forscher gegenseitig kontrollierten, zwar im Detail funktionierten, denn die Forscher standen in einem gewissen Wettbewerb zueinander. Allerdings gab es unter allen Experten eines Fachbereichs ein gemeinsames Ziel, nämlich diesen Fachbereich zu fördern. Und so war verständlich, wieso es zu diesdem Trend der Selbstüberschätzung bzw. der Gewinnmaximierung kommen konnte.

In Folge entschloss man sich, eine vom primären Wissenschaftsbetrieb getrennte Qualitätskontrolle zu etablieren, welche über eine unabhängige Finanzierung verfügte und deren Aufgabe es war, die Ergebnisse der Wissenschaft kritisch zu untersuchen und Qualitätsbewertungen zu vergeben. Anti-Wissenschaft nannte man sie, weil sie besonders in der Anfangszeit eine starke Gegnerschaft gegen das etablierte aber falsche Wissen entwickelte. Aber im Laufe der Zeit wurde klar, dass es sich in Wirklichkeit um ein Komplement, eine Vervollständigung, der Wissennschaft handelte, und die Anti-Wissenschaft begann auch, konstruktiv an der Wissensproduktion mitzuwirken, indem sie identifizierte, was die Wissenschaft zwar angenommen aber noch nicht bestätigt hatte. Anti-Wissen nannte man das, und es wurde zu einer neuen Quelle der Herausforderung für die primäre Wissenschaft.

Lesetipp: derStandard - Am weitesten entferntes Ding des Universums gesehen (die Forumsdiskussion dazu)