Donnerstag, 30. April 2009

Systempflege

Aus der Softwareentwicklung ist lange bekannt, dass Systeme gewartet werden müssen. Fehler tauchen auf, Workarounds der User können im Laufe der Zeit unerwartete Probleme auftürmen. Und auch Systemintern kann es zu Problemen kommen, etwa sogenannte Speicherlücken, welche dazu führen dass ein Programm im Laufe der Zeit immer mehr Speicherressourcen in Anspruch nimmt - bei letzterem Problem hat man übrigens eine Lösung gefunden durch den Einsatz von Garbage Collector Prozessen (Müllsammler), welche von Zeit zu Zeit unbenutzte Ressourcen neu verfügbar machen.

Besonders von Betriebssystemen ist allgemein bekannt, dass die regelmässig neu zu starten sind, bzw. waren. Die Qualität der typischen PC-Betriebssysteme wurde diesbezüglich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Heutzutage liegen die Probleme eher in den Updates und den Upgrades samt den dabei auftretenden Migrationsproblemen.

Selbiges kann man übertragen auf jene Systeme, welche unser Zusammenleben koordinieren. Das Geld steht momentan stark im Fokus. Gelegentliche Inflations- oder Deflationsängste, Kredit- bzw. Spekulationsblasen samt folgender Liquiditätskrisen, Gerüchte über den bevorstehenden Kollaps von einzelnen systemrelevanten Firmen, Ländern, Währungen, oder gar des gesamten kapitalistischen Systems.

Und die Schuld kann man leicht abschieben. Auf die Gier und den Egoismus der Menschen. Die geheimen Machenschaften der Ausbeuter, die einen Klassenkampf von oben führen. Verschwörungen und Dummheiten. Die Natur des Menschen und die Härten des Lebens, mit denen man eben klarkommen muss. Stimmt ja auch alles. Nur darf man nicht vergessen, welches die Stelle ist wo man Veränderungen vornehmen muss um die Problemursache zu beheben. Eine Systemkrise zeichnet sich dadurch aus dass alle an einem System beteiligten Menschen auch an der Krise beteiligt sind, wenn auch in verschiedenen Rollen. Manche als Profiteure, und eine Krise kann sich durchaus auch feststezen, also einen metastabilen Zustand bilden. Dann ist ein Problem chronisch geworden.

Im Fall der Softwareentwicklung gibt es ausgefeilte Formen der Qualitätssicherung, Debugging - also Fehlersuche - ist eine eigene Fertigkeit welche u.a. erfordert dass man die Programme mit speziellen Informationen ausstattet welche die Fehlersuche erleichtern, sodass man per Debugging-Tools Einblick in den Zustand eines laufenden Programms nehmen kann. Generell hat man in der Softwareentwicklung die Möglichkeit, das gesamte System zu überblicken - wobei man aber nicht unbedingt alles bis in's letzte Detail kennen muss. Module mit definierten Schnittstellen helfen, ein Gesamtsystem zu strukturieren und nach unterschiedlichen Ebenen und Gebieten gegleidert zu erfassen.

Im Fall der gesellschaftlichen Koordinationssysteme kann man von einer deratigen Transparenz oft nur träumen. Abgesehen davon, dass nicht jeder ein Experte in allen Dingen sein kann, mangelt es oft schon an der Möglichkeit, überhaupt Einsicht nehmen zu können. Ganz abgesehen von einer Darstellung der Lage, die allgemein verständlich ist und deren Stimmigkeit nachgeprüft werden kann. Dabei wird das umso wichtiger, je komplexer unsere Systeme werden. Sonst passiert es im schlimmsten Fall, dass ob eines Systemfehlers sich die Menschen schleichend fremd und misstrauisch werden und in Folge die Möglichkeiten, Systeme offenzulegen, immer schwieriger werden. Geteilt und beherrscht von einer dunklen Macht, Teufel, Vampir, Todesstern, Angstherrschaft, Kulturtrauma, Entfremdung oder wie auch immer.

Musiktipp: Massive Attack - Prayer for England

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