Sonntag, 19. April 2009

Wettbewerb ist nicht genug

Es gibt ja diese naive Ansicht, dass in einer freien Wirtschaft der Wettbewerb dafür sorgt, dass sich die Wettbewerber gegenseitig anstacheln und so ein gutes Angebot für die Konsumenten entsteht.

So sagt man. Aber wieso ist das naiv?

Wettbewerb entsteht dadurch, dass die Wettbewerber um etwas konkurrieren, also z.B. um die Kundenentscheidung. Die man in Geld misst. Und daraus ergibt sich das gemeinsame Ziel der Wettbewerber: ihren Profit zu maximieren.

Ja, und?

Wo ein gemeinsames Ziel, da wird Kooperation. Entweder ausdrücklich, durch Preisabsprachen etc., oder auch nur aus einer Tendenz, die sich durch das gemeinsame Ziel ergibt, und die dazu führt dass die Wettbewerber gemeinsam danach streben den Kunden möglichst viel Geld abzuziehen. Die zu befriedigenden Kundenbedürfnisse sind dann nur noch ein Störfaktor den es zu minimieren gilt. Durch poppige Verpackungen und billige Ersatzstoffe lässt sich schon eine Weile von den eigentlichen Bedürfnissen ablenken.

Diese Raubtierkapitalisten gehören bekämpft!

Das macht u.a. die EU-Wettbewerbskommission, die Monopole und Absprachen aufspürt. Auch Österreich hat darin mit seinen vielen Vorschriften im Lebensmittelgesetz und auch anderswo eine lange Tradition. Das blöde ist, dass genau diese Regulierungen erstens von den Wettbewerbern vereinnahmt werden, so dass z.B. nur grosse Betriebe gewisse Regeln wirtschaftlich erfüllen können, und zweitens wird letztlich dadurch der Wettbewerb behindert, und auch darunter haben die Kunden zu leiden.

Na super. Die da oben richten es sich wieder mal'.

Na klar. Blöd wären sie wenn sie etwas anderes täten. Man kann der Misere aber beikommen, und das von zwei Seiten. Die eine ist, von unten: Selbsthilfe in kleinem Rahmen. Wenn die grossen Firmen auf die eigentlichen Kundenbedarfe vergessen, dann ist das eine Schwäche, die man für eigene Unternehmungen nützen kann. Nachbarschaftshilfe, Genossenschaften, gemeinnützige Projekte, Open Source Projekte. Social Business, wie das auf Neudeutsch heisst. Initiiert von Leuten, die ihre ungestillten Bedarfe selber spüren. Um so den Wettbewerb wieder für eine Weile näher an seine Gründe zu
bringen.


Aber da muss man ja selber etwas tun... Wie ist die andere Seite?

Die andere ist, von oben. Wann immer man über "die da oben" schimpft, ist das ein Indiz dass es eine Führungsschwäche gibt. Dass man glaubt, es selber besser zu können, oder zumindest etwas weis dass die übersehen haben. In Wirklichkeit ist man also selber "oben", zumindest ein kleines bisschen. Und anderen geht es ebenso. Demokratie, die Herrschaft der vielen, besteht darin die vielen Beiträge der Einzelnen zusammenzubringen und so die Repräsentanten über die Absicht der Mehrheit zu informieren. In der Politik sind entsprechende Strukturen etabliert, in der Wirtschaft eigentlich auch: wer Aktien einer Firma kauft, hat das Recht mitzubestimmen. Die Voraussetzungen wären also schon gegeben, man muss nur noch Aktien der Herstellern jener Waren und Dienste kaufen, die man selber in Anspruch nimmt, um dann ein Wörtchen mitzureden. Auch wenn das die Aktionärsversammlung möglicherweise unvorbereitet trifft.

Da muss man ja wieder selber etwas tun... und Geld kostet's auch!

Tja, es bleibt einem nichts erspart. Der Weg in die Unbequemlichkeit ist jedenfalls bequemer als der Weg wieder heraus, so gerecht ist das Leben. Trägheit ist eine Sünde, wussten schon die Katholiken. Die haben das sicher auch ausprobiert und bemerkt dass das zu unguten Zuständen führt. Aber an Gott glauben wir nicht mehr, also probieren wir's selber wieder aus. Von unten. Siehe oben.

Musiktipp: U2 - Zooropa

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen